Eine Bürgerbefragung der EU-Kommission bezüglich der Wasserrahmenrichtlinie findet aktuell statt. Die wichtigste Direktive zum Gewässerschutz könnte unter Umständen abgeschwächt werden, indem die Zielsetzungen für die Mitgliedstaaten herabgesetzt würden – ein völlig falscher Weg um die schlechte Qualität unserer Gewässer in den Griff zu bekommen. Jede Stimme zählt, deshalb ruft natur&ëmwelt a.s.b.l. dazu auf, noch bis zum 4. März 2019 an der Bürgerbefragung der EU-Kommission teilzunehmen.
Die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) aus dem Jahre 2000 ist die zentrale EU-Direktive zum Schutz unserer Gewässer, welche bei uns 2008 ins nationale Recht übertragen wurde. Ziel war es bereits bis 2015 europaweit einen guten chemischen sowie ökologischen Zustand der Oberflächengewässer sowie des Grundwassers zu erreichen, welches allerdings bis dato nicht geschafft wurde. 2027 läuft diese wichtige Direktive, welche die nötigen Rahmenbedingungen setzt, um die Flüsse, Bäche und Feuchtgebiete mit ihrer Vielfalt an Tieren und Pflanzen sowie die damit verbundenen Ökosysteme nachhaltig zu schützen, nun aus.
Allerdings hat sich inzwischen herausgestellt, dass es unwahrscheinlich ist, die Qualität der Gewässer Europas bis zur Deadline 2027 erheblich zu verbessern. Das liegt einerseits daran, dass die Umsetzung vieler Maßnahmen sich als schwieriger erwies als anfangs gedacht und dass es teilweise sehr lange gedauert hat, bis die Maßnahmen effizient und konsequent angegangen wurden. Hinzu kommt, dass (positive) Effekte am Gewässer und im Grundwasser teilweise viele Jahre brauchen, bis sie eintreten (z.B. hohe Persistenz von Pestiziden). Ein weiterer Faktor ist der Klimawandel. Durch die veränderten Klimaereignisse sind viele neue Aspekte hinzugekommen, die im Geburtsjahr der Wasserrahmenrichtlinie noch nicht in Betracht gezogen worden sind. Dadurch konnten in vielen Ländern die gesetzten Ziele bisher nicht erreicht werden.
Auch in Luxemburg ist die Situation kritisch: lediglich 3 (!) Prozent unserer Gewässer befinden sich aktuell in einem guten Zustand. Obwohl das Wassermanagement nach Umsetzung der Direktive ins nationale Recht komplett reformiert wurde, befinden wir uns meilenweit von den nationalen Zielsetzungen entfernt. Schuld daran hat aber ganz bestimmt nicht die Wasserrahmenrichtlinie. Nach Umsetzung ins nationale Recht wurde das Personal erstmals massiv aufgestockt, eine ganze Reihe wissenschaftlicher Studien über die Gewässerqualität wurden in Auftrag gegeben und die Resultate zur Kenntnis genommen. So war der Wissenstand über den Zustand unserer heimischen Gewässer noch nie so hoch wie heute. Zudem obliegt die verantwortliche Verwaltung seit der letzten Legislaturperiode dem Umweltministerium. Auch hier wurde gearbeitet: ein neues Wassergesetz wurde 2017 verabschiedet, aus einer Trinkwasserschutzzone wurden 22, weitere 21 sind in der Prozedur und 8 gehen voraussichtlich in Frühjahr in Prozedur (damit sind circa 80% abgedeckt) und Subsidien für Landwirte aus dem Wasserfonds wurden erstmals ausbezahlt.
Auch in der Praxis gibt es exemplarische Beispiele dafür, dass die Aufwertung unserer Gewässer ernst genommen wird. Die Einsicht, dass unbelastete natürliche Gewässer eine Vielzahl von Funktionen gratis und ohne menschliches Zutun übernehmen, wie Trinkwasserproduktion, Selbstreinigung, Abflussregulierung, Klimaregulierung, Nahrungsmittelproduktion, Vielfalt an Lebensräumen und somit auch einen erheblichen Erholungswert für den Menschen, hat zu diversen Projekten an unseren Flüssen geführt. Beispiele dafür sind die Weisse Ernz oberhalb von Larochette, die Alzette unterhalb von Schifflange oder die Syr in Mensdorf.
Eine europäische Direktive einem sogenannten „Fitness-Check“ zu unterziehen ist eine gängige Praxis der EU-Kommission, die der Evaluierung verschiedener Gesetzgebungen dient. Entsprechen sie nicht mehr ihrem ursprünglichen Zweck, dann müssen sie gegebenenfalls angepasst werden. Dies könnte nun mit der Wasserrahmenrichtlinie passieren. Da die gesetzten Ziele aller Wahrscheinlichkeit nach nicht erreicht werden, gibt es 2 Möglichkeiten: entweder wird der zeitliche Rahmen erweitert oder die Ziele herabgesetzt.
Ersteres wäre dabei definitiv die sinnvollere Variante. So würde verhindert, dass die Mitgliedstaaten, welche ihre Ziele bis 2027 nicht erreichen vor dem europäischen Gerichtshof angeklagt würden und der Gewässerschutz könnte weiterhin von einem starken gesetzlichen Rahmen profitieren. Die Ziele herabzusetzen hingegen ist der falsche Weg, denn das Wasser ist ein lebenswichtiges Element, welches es nachhaltig zu schützen gilt. Allerdings scheint es in Brüssel einige Akteure zu geben, die in letztere Richtung drücken, darunter einige Mitgliedstaaten sowie die Agrarlobby.
Um dies zu verhindern und zu zeigen, wie wichtig den Bürgern in Europa saubere Gewässer sind, ruft natur&ëmwelt a.s.b.l. dazu auf, sich noch bis zum 4. März 2019 an der Bürgerbefragung der EU-Kommission teilzunehmen. Insgesamt haben bereits rund 240.000 Menschen der Natur ihre Stimme gegeben. Auch in Luxemburg möchten wir ein starkes Zeichen setzen und mindestens 1.000 Unterschriften sammeln. Mitmachen dauert nur 30 Sekunden!
Mehr Informationen unter: www.livingrivers.eu